Die Liebe überwindet das Böse
1 Korinther 13,5+6 / 9.1.2011 – V. Janke

Es war 1 Uhr Morgens. Ich war noch nicht eingeschlafen, als ein paar junge Leute vor unserem Schlafzimmer entlang nach Hause gingen. Sie unterhielten sich sehr laut, johlten, machten Lärm. Doch anstatt mich über die Rücksichtslosigkeit zu ärgern, dankte ich Gott spontan: „Danke, Herr, dass wir in einer sehr ruhigen Gegend wohnen können und dass es hier fast immer herrlich ruhig ist.“ Über diese spontane Reaktion war ich selbst erstaunt. Und dankbar. „Die Liebe kann man zwar nicht essen, aber sie stillt dennoch den Hunger, den wir Menschen haben. Man kann mit ihr keine Geschütze laden, aber sie ist dennoch die stärkste Waffe gegen Hass.“ Die folgenden Merkmale der Liebe beziehen sich auf Gefährdungen des Christen durch das Böse oder das Dunkel im Nächsten.


1. Die Liebe bewahrt vor Reizbarkeit


sie lässt sich nicht erbittern (Luther 84; RevElb); lässt sich nicht zum Zorn reizen (Einh.Üs; GN); sie lässt sich nicht reizen (Hoffnung f. alle)
Was ist mit „sich erbittern lassen“ gemeint?
Wir finden das gleiche Wort in Eph 6,4: Und ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern erzieht sie in der Zucht und Ermahnung des Herrn. Väter reizen ihre Kinder zum Zorn, wenn sie von ihnen andauernd mehr verlangen als die Kinder leisten können. (vgl. Eph 4,31; Kol 3,8;) Liebe ist, wenn ich mich vom anderen nicht zum (anhaltenden) Zorn reizen lasse, so dass ich bitter werde. Paulus beschreibt eine bestimmte Reaktion, mit der ich auf Verhaltensweisen und Einstellungen meiner Mitmenschen reagiere. Ich bin in Gefahr, lieblos zu reagieren. Ein Beispiel dafür ist der Bruder des verlorenen Sohns. Als er hörte, dass für seinen zurückgekehrten Bruder ein Fest vorbereitet wurde, da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Da ging sein Vater heraus und bat ihn. Lk 15,28 Henry Drummond nannte die Reizbarkeit die Untugend der Tugendhaften. Damit meint er: es ist immer der disziplinierte Mensch, der sich über den undisziplinierten und chaotischen Menschen ärgert. Das Problem liegt also darin, dass Reizbarkeit in der Regel durch meine Stärken verursacht wird. Wer schnell ist im Denken ist in der Gefahr sich zum Zorn reizen zu lassen durch den, der langsam ist in seinem Auffassungsvermögen. Meine Stärke ist zugleich meine Gefahr. Es ist traurig, dass mehr Freundschaften und Ehen an permanenter Reizbarkeit und der dadurch aufgestauten Verbitterung zerbrechen, als an einem heftigen Streit. Verbitterung ist die Folge von unverarbeitetem Zorn.


Gebet: Herr, bitte überwinde durch deine Liebe meine Reizbarkeit. Vergib mir meinen Stolz, der immer damit verbunden und auch oft die Ursache meiner Reizbarkeit ist. Danke, Herr!


2. Die Liebe bewahrt vor Unversöhnlichkeit


sie rechnet das Böse nicht zu (Luther 84); trägt das Böse nicht nach (Einh.Üs.; GN); und ist nicht nachtragend (Hoffnung f. alle);
Wie mache ich das, nicht nachtragend zu sein?
Weil der Liebende es ablehnt, sich erbittern zu lassen, er aber auf der anderen Seite mit Schuld fertig werden muss und will, wählt er die Vergebung - er rechnet das Böse nicht zu. Hier gebraucht Paulus einen Begriff aus der Buchführung. Das Wort beschreibt einen Buchhalter, der jedes Geschäft sorgfältig in seinen Büchern notiert. Wir stehen alle in der Gefahr so buchhalterisch mit den Fehlern anderer umzugehen. Liebe wählt die Vergebung. Das ist eine Willensentscheidung. Liebe befähigt zu einem geistlich gesunden Umgang mit Schuld. Darin erweist Liebe sich als wahre Stärke. Petrus schreibt: Vor allen Dingen habt untereinander beständige Liebe; denn »die Liebe deckt auch der Sünden Menge« (Sprüche 10,12). 1.Petr 4,8 Der Liebende nimmt Sünde ernst, schafft sie weg, aber nicht indem er Schuld verharmlost.


Echte Liebe kann Schritte auf den zugehen, der uns weh tat, sie kann ihm offen begegnen, ihm vergeben und sich wieder versöhnen. Wir leben in der Familie, unter den Arbeitskollegen und in der Gemeinde davon, dass wir immer wieder neu miteinander anfangen, einander vergeben. Lassen wir Aussöhnung nicht so lange anstehen! Warum? Jemand begründete es treffend: Versäumst du den Funken zu löschen, wirst du der Flamme nicht Herr. Die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn. (Matth 5,23-26; 7,12, Gal 5,13-15; Eph 4,26f; 1Mo 4,3-8; 13,5-13) Wir wollen nicht gegeneinander kämpfen, sondern miteinander gegen den kämpfen, der Menschenleben zerstört. Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem (Röm 12,2).





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Wenn wir auf Böses mit Bösem reagieren, vermehren wir das Böse in der Welt und stärken seine Herrschaft. Wenn es eine Zeit gab, in der wir als Christen zusammenrücken müssen, dann ist es die Gegenwart. Gießen wir deshalb kein Wasser auf die Mühlen der Feinde. Verschwenden wir keine Zeit damit, gegen andere Christen zu kämpfen. Nutzen wir die Zeit lieber dazu, mit aller Kraft an der Liebe festzuhalten (Pastor Ch.R. Swindoll).


Gott will uns helfen, dass wir Schuld nicht nur vergeben, sondern auch nicht mehr daran denken müssen. Das ist oft nicht leicht. Für uns ist Vergessen eine passive Sache. Ich kann nicht einen Hebel umlegen und von diesem Augenblick an vergessen. Ich kann aber die Umstände so gestalten, dass es dazu führt, dass ich eine Sache überhaupt einmal vergessen kann. Und das geschieht dadurch, dass ich nicht immer daran denke und darin herumbohre. In Jeremia 31,34 heißt es: Denn ich werde ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nicht mehr gedenken. (Vgl. Hebr 8,12 + 10,17) Wurde Gott nicht auch zutiefst verunehrt durch unsere Sünden? Hat Er nicht jedes Recht, gekränkt zu sein? Und doch heißt es: .. denn alle meine Sünden hast Du hinter deinen Rücken geworfen. (Jes 38,17) Hinter den Rücken werfen heißt: ich sehe sie nicht mehr, und ich will sie auch nicht mehr sehen. Das tat Gott. Wir sollten mit unseren Schuldigern auch so handeln! Vergebung ist ein dreifaches Versprechen:


  • Ich verpflichte mich, nicht mehr an seine Sünde zu denken.
  • Ich verpflichte mich, sie nicht mehr gegen ihn zu verwenden.
  • Ich verpflichte mich, sie nicht vor anderen zu erwähnen.

Gibt es eine Alternative zur Vergebung? Ja: Verbitterung und Groll. Beides versklavt und tötet. Vergebung ermöglicht den Segen wiederhergestellter und wachsender Beziehungen. Es gehört zum Wesen der Liebe, dass sie nicht rechnet. Ladislaus Boros


Gebet: Herr, ich danke dir für die Vergebung meiner ganzen Schuld. Du hast sie getilgt. Du hast sie vergessen. Hilf mir durch deine Liebe, stets bereit zu sein, auch anderen zu vergeben. Hilf mir, die Schuld und das Fehlverhalten anderer wirklich zu vergessen.


3. Die Liebe bewahrt vor der Freude über Ungerechtigkeit


sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit (Lu 84) freut sich nicht über das Unrecht (Einh.Üs.); ... an der Ungerechtigkeit (Schlachter); sie hat keinen Gefallen am Unrecht (Bruns); Sie ist nicht schadenfroh, wenn anderen Unrecht geschieht (GN);
Kann Sünde uns froh machen? Was ist mit diesem Merkmal der Liebe gemeint? Der Liebende kann sich nicht über Unrecht freuen; auch nicht am Unrecht (viele Filme verherrlichen Unrecht; Vandalismus). Sich über das Unrecht anderer zu freuen, ist natürlich, weil man selbst in einem besseren Licht erscheint. Man freut sich, einen Grund zu „gerechter Empörung“ gefunden zu haben (siehe die Beliebtheit der Klatschpresse). Agape-Liebe ist nicht „blind“. Sie beschönigt nicht, verharmlost und vertuscht nicht. Sie ist durchaus in der Lage, zwischen Unrecht und Recht zu unterscheiden.


„Freilich macht uns die Liebe Gottes die Grenze unverletzlich, die das, was recht ist, vom Unrecht trennt. Am Unrecht kann sich die Liebe nicht freuen, weil sie den Schaden vor Augen hat, den sich der Täter des Unrechts selbst bereitet. Aber sie wird dadurch, dass sie von Gottes Willen nicht lässt, nie zum Verderber der Menschen.“ (Adolf Schlatter) Der Liebende liebt den Sünder, aber hasst die Sünde und nennt sie auch beim Namen. Die Christen in Korinth rühmten sich, wie tolerant sie gegenüber Sünde sind (1.Kor 5,1f). Doch darin handeln sie in Wahrheit lieblos gegenüber dem Bruder. Recht u. Wahrheit allein erfreuen den Liebenden (1.Kor 5,8)


Amy Carmichael schreibt in ihrem Lebenswerk: „Wenn die Liebe unter uns zu schwinden droht, wenn es möglich wird, den leisesten Schatten eines lieblosen Wortes zu dulden, dann fängt unsere Gemeinschaft an zu sterben. Lieblosigkeit ist tödlich, sie ist gefährlicher als eine Kobra. Gerade so, wie ein winziger Tropfen des Kobragiftes sich schnell in dem ganzen Körper dessen verbreitetet, dem es eingespritzt wurde, so genügt ein Tropfen galliger Lieblosigkeit in meinem oder deinem Herzen, dass er sich mit furchtbarer Macht in unserer ganzen Familie ausbreitet; denn wir sind ein Leib.“


Gebet: HERR, verändere mich so in dein Bild, dass ich mich nicht mehr über Ungerechtigkeit in welcher Gestalt auch immer freue, sondern mit dir darüber Leid trage. Bewahre mich vor jeder Form von Schadenfreude und vor aller Blindheit gegenüber Unrecht. Amen


Baptisten Nordenham | Zoar-Kapelle | 26954 Nordenham | Friedrich-Ebert-Str. 65   
Gottesdienst: So 10:00

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